Daten zum Projekt
Initiative: | Vorhaben mit besonderem Stiftungsbezug |
---|---|
Bewilligung: | 20.04.2018 |
Laufzeit: | 3 Jahre |
Projektinformationen
Das Verbundforschungsprojekt ?Provenienzforschung in außereuropäischen Sammlungen und der Ethnologie in Niedersachsen? untersucht die Genese außereuropäischer ethnologischer Sammlungen in der Kolonialzeit und erschließt damit ein im deutschsprachigen Raum noch weitgehend unbearbeitetes Gebiet für die Provenienzforschung. Ausgehend von Objekten aus akademischen und musealen ethnologischen Sammlungen von hoher wissenschaftlicher und kulturhistorischer Relevanz in Niedersachsen soll der Frage nachgegangen werden, wie Ethnographica in der Kolonialzeit, aber auch in den Jahrzehnten unmittelbar davor und danach, im Rahmen welcher rechtlicher, sozialer, politischer, wirtschaftlicher und wissenschaftspolitischer Bedingungen ihre Wege nach Europa fanden. Ebenso soll gefragt werden, welche Wirkung diese Objekte in Europa entfalteten sei es, dass sie zur Legitimation kolonialer Herrschaft beitrugen, sei es, dass sie mithalfen, ethnologisches oder auch kunstgeschichtliches Wissen zu verbreiten, dass sie primär von ökonomischer Bedeutung waren oder etwa in Völkerschauen der Unterhaltung dienten. Schließlich werfen diese Objekte, wie die zunehmenden Restitutionsforderungen aus den ehemaligen Kolonien zeigen, auch ganz aktuelle Fragen rechtlicher und ethischer Natur auf. Dass diese Fragen daneben für die bundesrepublikanische Gegenwart, welche mit erheblichen Wanderungsbewegungen auch aus jenen postkolonialen Gesellschaften konfrontiert ist, aus denen diese ethno-grafischen Objekte ursprünglich stammen, von erheblicher Bedeutung ist, liegt auf der Hand. Die enge Zusammenarbeit zwischen Geschichtswissenschaft, Ethnologie, Rechtswissenschaft und den verschiedenen Museen soll somit nicht nur exemplarisch entlang einzelner Objekte oder Objektgruppen die klassischen Fragen der Provenienzforschung beantworten helfen, sondern überdies neue Perspektiven auf die drängenden Fragen der sich wandelnden kulturgeschichtlichen, rechtlichen und moralisch-ethischen Rahmenbedingungen des Sammelns und Bewahrens eröffnen. Dabei gehen die Teilprojekte den Sammlungsbiografien, -strategien und -praktiken, Herkunftsarten und Erwerbsgeschichten sowie den involvierten Akteuren und ihren Handlungsspielräumen und -ressourcen zwar unter verschiedenen Perspektiven nach, doch werden diese, z. B. im Rahmen von regelmäßigen Workshops, kontinuierlich miteinander in Bezug gesetzt. Das Verbundvorhaben möchte somit einen Beitrag sowohl zu den jüngeren internationalen Debatten über das koloniale Erbe der Ethnologie als auch zur internationalen Recherchier- und Erforschbarkeit repräsentativer ethnologischer Sammlungen sowie zu deren politischen, rechtlichen und ethischen Dimensionen liefern. Zugleich wird das Ziel verfolgt, mit dem innovativen und transparenten Umgang mit außereuropäischen Kulturgütern ein kulturpolitisches Zeichen zu setzen und somit die Vorreiterrolle Niedersachsens auf dem Gebiet der Provenienzforschung weiter auszubauen.
Projektbeteiligte
-
Prof. Dr. Katja Lembke
Niedersächsisches Landesmuseum
Hannover