Daten zum Projekt
Initiative: | Opus Magnum |
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Bewilligung: | 02.03.2022 |
Projektinformationen
Seit der Frühen Neuzeit greifen epische, essayistische und literarische Schlüsseltexte Lateinamerikas auf messianische und eschatologische Deutungsmuster zurück, um den Erfahrungsschocks und -schüben der fortschreitenden Globalisierung eine erzählerische und bildliche Sprache zu verleihen: von der Eroberung über die Unabhängigkeitskriege bis hin zu den neoliberalen Krisen der jüngeren Vergangenheit und Gegenwart. Dieser Befund führt zur Conquista als Geburtsstunde der Globalisierung zurück. Schon Kolumbus teilte mit den Zeitgenossen die Überzeugung, das irdische Paradies entdeckt zu haben. Diese messianische Überhöhung hielt dem gewaltsamen Verlauf der Kolonisierung jedoch nicht lange stand. Was nach dem 16. Jahrhundert davon blieb - und immer noch bleibt -, sind die Paradoxien und Fragmente einer negativen Eschatologie. Von nun an stehen die Wahrnehmungen und Deutungen der lateinamerikanischen Geschichte immer wieder im Horizont unerfüllter Heilsversprechen. Sie erscheinen wahlweise als Sündenfall, Vertreibung aus dem Paradies, innerweltliche Apokalypse oder säkulare imitatio Christi. In methodischer Perspektive kommen an dieser Stelle die heuristischen Kategorien des Narrativs und der Ikonologie ins Spiel. Der erzähl- und zugleich bildtheoretische Zugang erlaubt es, das immense Adaptions- und Deutungspotenzial messianischer Diskurstraditionen sichtbar zu machen, die in Lateinamerika sowohl den utopischen Versprechen als auch den dystopischen Folgen globaler Dynamiken und Verwerfungen seit jeher Ausdruck verleihen.
Projektbeteiligte
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Prof. Dr. Christian Wehr
Universität Würzburg
Philosophische Fakultät 1
Neuphilologisches Institut - Romanistik
Würzburg