Project data
Initiative: | NEXT |
---|---|
Call : | Law between Normativity and Reality |
Allocation: | Nov 17, 2022 |
Period of funding: | 2 Years |
Project information
Obwohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte als das weltweit erfolgreichste System zum Schutz der Menschenrechte gilt, wird er häufig dafür kritisiert, dass er vor seiner Verantwortung zurückschreckt, wenn er mit komplexen Fragen zur Berücksichtigung von Vielfalt in seinen Mitgliedstaaten konfrontiert ist. Sein vorschneller Rückgriff auf die Doktrin des Ermessensspielraums wird dabei als Verrat der minderheitenschützenden Stoßrichtung der Menschenrechte zum Nachteil der Angehörigen von Minderheiten empfunden. Dies ist problematisch, da der Gerichtshof in erster Linie die Aufgabe hat, den Antragsteller*innen individuellen Rechtsschutz zu gewähren, und weil ein Interesse an der Bedeutung bestehen sollte, die die Begünstigten den Menschenrechten beimessen. Indem dieses Projekt den "echten Menschen", die Verfahrensbeteiligte sind oder waren, eine Stimme gibt, werden Angehörige sexueller und religiöser Minderheiten ins Blickfeld gerückt und gefragt, ob bzw. wie ihnen Gerechtigkeit widerfahren ist. Auf diese Weise wird das Projekt feststellen, was der Gerichtshof ist und tut und wie dies mit dem, was der Gerichtshof sein und tun sollte, konvergiert, divergiert und sich mit den von Minderheiten vorgebrachten Ansprüchen auf Vielfalt vermischt. Diese empirische Untersuchung wird durch eine Kombination aus der rechtlichen Analyse von Dokumenten und der eingehenden Rekonstruktion von "informationsreichen Fällen" von ihrem Beginn bis heute durchgeführt, wobei die ethnografische Methode des erweiterten Falles "ethnographic extended case method" angewandt wird. Durch diese innovative Methodik wird das Projekt nicht nur die wechselseitige Beziehung zwischen der Herangehensweise des Gerichtshofs in Bezug auf Vielfalt einerseits und der vor Ort erlebten Vielfalt andererseits aufdecken und entwirren, sondern auch das Potenzial und der Möglichkeiten des Gerichtshofs aufzeigen, eine Institution zu werden, die sexuellen und religiösen Minderheiten Einzelfallgerechtigkeit verschafft.
Project participants
-
Prof. Dr. Alice Margaria
Universität Zürich
Rechtswissenschaftliche Fakultät
Zürich
Switzerland
-
Dr. Cathérine Van de Graaf
Universität zu Köln
Rechtswissenschaftliche Fakultät
Akademie für europäischen Menschenrechtsschutz
Köln